Der Pascha von Magdeburg auf Reisen

Unser Buch "Der Pascha von Magdeburg. Der Orient in Mitteldeutschland" ist nun permanent auf Reisen zusammen mit Autorinnen und Autoren, den Illustratorinnen und Übersetzer*innen. Protagonist*innen aus den Texten des Buches und Plätze der Handlungen des Buches werden besucht, Bücher übergeben und Geschichten ausgetauscht. Hier gibt es ein paar Eindrücke davon.


Das orientalische Magdeburg erkunden


Ammar Awaniy gehört zu den ersten Stipendiaten des Hildesheimer Pilotkurses für Kunstschaffende in der Kulturellen Bildung. In seinem Abschlussprojekt entwickelte er interaktive GeoCaching-Touren durch Magdeburg, Kassel und Hildesheim, die Jugendlichen Verbindungen zwischen dem Orient und Deutschland spielerisch näherbringt und Themen wir Integration, Teilhabe, Rassismus und Transkulturgeschichte widerspiegeln.


Eine deutliche Anerkennung seiner kulturvermittelnden Tätigkeit erhielt Ammar Awaniy, als er im September 2021 als Stipendiat des Pilotkurses Künstlerische Interventionen in der kulturellen Bildung an der Universität Hildesheim aufgenommen wurde. Die von der Stiftung Mercator geförderte und am Institut für Kulturpolitik angesiedelte einjährige Weiterbildung ermöglichte ihm und 32 weiteren Kunstschaffenden, ihre Expertise in den Bereichen Kulturvermittlung und Kulturelle Bildung zu professionalisieren. Dies beinhaltete die Förderung von Awaniys Abschlussprojekts "Sultanin kreativ", welches er im Juni auf der Langen Nacht der Wissenschaft Magdeburg und auf der documenta fifteen in Kassel präsentierte.


Seine Aktivitäten zwischen Literatur, Wissenschaft und kultureller Bildung bei der Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt, als Fellow am Institut für Caucasica-, Tatarica- und Turkestan-Studien und nicht zuletzt als Stipendiat an der Universität Hildesheim basieren auf der "Methode Pascha". Was es damit auf sich hat, präsentiert Ammar Awaniy ausführlich in dem Buch "Zweiheimisch. Die Erben des Paschas von Magdeburg", das er mit zahlreichen anderen Autorinnen und Künstlerinnen entwickelte. Das Buch - herausgegeben von Dr. Mieste Hotopp-Riecke und Dr. Stephan Theilig - erscheint am 13. September 2022 und wird erstmals im Rahmen des Deutschen Orientalistentages in Berlin vorgestellt.

 

In der Landesvertretung Sachsen-Anhalts beim Bund folgt dann am 10.11.22 eine Premierenfeier mit vielen Co-Autorinnen, den Herausgebern, Arbeitskolleginnen, Musiker*innen und dem Verleger.

 

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Das orientalische Magdeburg
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Auf zur Kulturhauptstadt Europas!

ICATAT-Bildungsreise. „Balticum Tataricae – Auf den Spuren von Deutschrittern und Tataren" 16.-22. Mai 2022

 

Unsere ICATAT-Bildungsreise führt uns 2022 ins Baltikum, genauer nach Polen und Litauen. Das Baltikum umschließt seit Jahrhunderten eine ethnisch, religiös wie sprachlich unterschiedliche Bevölkerung. Karaimen, Juden, Tataren gehören dazu, ebenso wie Litauer, Letten, Polen, Esten, Russen, Ukrainer, Weißrussen und Deutsche. So unterschiedlich die Nationalitäten, so verschieden sind die Glaubenszugehörigkeiten der Menschen. Dennoch ist seit Jahrhunderten ein weitgehend friedliches Nebeneinander verschiedener Religionsgemeinschaften wie Orthodoxen, Muslimen, Unierten, Protestanten und Katholiken möglich. Religiöse Verfolgungen waren in Litauen bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts nahezu unbekannt. Ein großer Einschnitt stellt jedoch das 20. Jahrhundert als Epoche von Völkermord und Vertreibungen dar, dass sich nun fortsetzt (ein „langes 20. Jahrhundert“?). Themen der Exkursionen und Diskussionen auf der kombinierten Bus-, Bahn- und Flugreise sind die aktuelle soziopolitische Situation und Geschichte der Tataren und Baltendeutschen sowie historische Stätten zwischen dem Szlak Tatarski (Tataren-Pfad) und Kaunas, der Kulturhauptstadt Europas 2022. Wir speisen zusammen mit tatarischen Künstler*innen in den Tatarendörfern der Masuren, diskutieren mit (aus Rußland und der Ukraine geflüchteten) Journalist*innen, Akademiker*innen und Künstler*innen über Tolerenz und Gewalt, über Migration, Europa und Tradition in der Moschee von Kaunas und am Tataren-See von Trakai. Kurz nach einem der höchsten Feiertage im Islam, dem Zuckerfest, zum Ende des Fastenmonats Ramadan, feiern wir das Fastenbrechen mit der tatarischen Gemeinde von Vilnius und ihrem Vorsitzenden Prof. Dr. Adas Jakubauskas. Die Reise führt von Białystok, Bohoniki und Kruszyniany nach Litauen. Dort von Raižiai, Keturiasdešimt Totorių, Trakai und Vilnius in die Kulturhauptstadt Europas, Kaunas. Den Abschluss begehen wir gemeinsam mit tatarischen, deutschen, ukrainischen, litauischen und russischen Vertreter*innen aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft.

 

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  • Reiseleiter ist Dr. Mieste Hotopp-Riecke, Leiter des Instituts für Caucasica-, Tatarica- und Turkestan-Studien Berlin-Magdeburg. Expert*innenberatung: Dr. Stephan Theilig (ICATAT, Berlin). Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Gesellschaft für OSTEUROPA-FÖRDERUNG e.V.
  • Gruppenstärke: Minimum 10 Pers. Maximum: 15  UNKOSTENBEITRAG (als Spende für ICATAT-Verein) für Flug/Bus/Bahn/Unterkunft Halbpension (Einzelzimmer nach EZ-Aufschlagszahlung). + Reiseleitung + Reise-Reader nach dem Prinzip „Eine Reise: Drei Preise“, Normalpreis 1200,00 €; Studentenpreis 950,00 €; Solidarpreis 1350,00 €.  
  • TERMIN  16. 5. - 22. 5. 2022 (ab Berlin/München; vorbehaltlich pandemiebedingter Terminverschiebung). Anmeldung unter: office@icatat.de Reisefachbegleitung und Experten*innen unterwegs vor Ort sind: Prof. Dr. Egdunas Racius (Kaunas), Prof. Dr.Adas Jakubauskas (Vilnius), Wladimir Kostin, M.A. (Moskau) u.a.

 


Tag 1:

Am 16. Mai begann unsere ICATAT-Baltikumreise auf den Spuren von Tataren, Kreuzrittern und kultureller Vielfalt. Unsere Gruppe erreichte nach einer langen Fahrt - unterbrochen von zweimaligem Lok-Ausfall, einer halsbrecherischen Taxifahrt zur polnischen Grenze - im bekannten Warschau-Express Warschau und schließlich und die Stadt Białystok, welche die erste Station unserer Reise ist. Trotz dieser relativ normalen Hindernisse sind wir jetzt motiviert, interessante Menschen kennenzulernen, faszinierende Dimensionen der kulturellen Vielfalt dieses Landes zu entdecken und in uns selbst nach Anknüpfungspunkten zu suchen. Im Zug begann dies schon mit Zufallsbekanntschaften, wie mit dem Komponisten Sören Sieg und abends in der Hauptstadt Podlasiens, wo Juden, Muslime, Orthodoxe, Katholiken und Protestanten unterschiedlichster Mutterzunge die Kultur seit Jahrhunderten präg(t)en.

 

So viele interessante Gespräche, Orte und Begegnungen erwarten uns!


Tag 2:

In Gedenken an die Opfer der polnischen Teilungen, an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, von Ghetto, KZ und Kommunistenherrschaft waren wir heute unterwegs auf Pfaden der Zukunft, der Weltzugewandtheit, der Überwindung der Klimakrise, der Völkerverständigung und der Möglichkeiten des Sieges über Unvernunft, Krieg und Hass. Wir wurden empfangen vom Mufti der islamischen Gemeinden der Republik Polen, Hadschi Hazret Tomasz Miśkiewicz, disktuierten mit Anna Hanifa Mucharska vom Ensemble BUNCZUK und der islamischen Gemeinde über Identität, Zukunft, kulturelle Bildung, Jugendkultur, Wissenschaft und Publizistik. Nach einer Führung durch die Oper Bialystok gab es dann ein Gespräch über Klima und green architecture mit Dr. Adam Turecki (Universität Bialystok) sowie anschließend einen Besuch mit allen Sinnen: Das tatarische Restaurant HALVA präsentiert nicht nur das Beste tatarischer Küche sondern ist auch Kulturtreffpunkt, Bibliothek und Engagementvermittlungsstelle für das tatarische Ensemble BUNCZUK.

 

Danke an den Mufti der Republik Polen, danke an sein Team, danke an Anna Krasnicki, Danke an Dr. Barbara Pawlic-Miskiewicz und das HALVA-Team!! WHAT A DAY!!!!

 


Tag 3:

 

On the day of grief and commemoration on the occasion of the 78th anniversary of the deportation of the Crimean people, together with Polish Tatars we were in thoughts with our friends and relatives in the Crimea, the brave people of Ukraine and the common ancestors in the Baltics and in Crimea. #liberatecrimea#freeUkraine

 

 

Am Tag der Trauer und des Gedenkens anlässlich des 78. Jahrestages der Deportation des krimtatarischen Volkes (18.05) waren wir zusammen mit polnischen Tataren in Gedanken bei den Freunden und Verwandten auf der Krim, bei den tapferen Menschen der Ukraine und den gemeinsamen Vorfahren im Baltikum und auf der Krim.

 

 

Kırım halkının sürgüne edilmesinin 78. yıldönümü vesilesiyle matem ve anma gününde, Polonya Tatarları ile birlikte, Kırım'daki arkadaşlar ve akrabalar arasında, Ukrayna'nın cesur halkı ve Baltık bölgesin ve Kırım'daki ortak atalar arasında düşüncelerdeydik. #Liberatecrima

 

 

 

Tag 3 unserer ICATAT-Bildungsreise: Kruszyniany, Bohoniki, Suprasl. Entrückte Wälder, tatarische Küche und benachbarter Krieg. Ein Artikelauszug des Publizisten Wolf Guenter Thiel als Vorabdruck aus dem in Kürze erscheinenden Reisetagebuch: "Es gibt Reisen, die uns einnehmen und unsere Sicht verändern. Meistens beginnen sie mit etwas Profanem. Mein Mobiltelefon meldete einen neuen Provider an, der die Zeit um eine Stunde in die Zukunft verschob. Der weißrussische Provider gab die Uhrzeit für die Region über die Landesgrenze hinaus neu an und machte uns deutlich, wie nah an Gebieten wir uns bewegten, auf die wir seit Wochen gebannt in den Nachrichten schauen. Im Auto von Bialystok durch eigentümlich ursprüngliche Landschaften und auf Waldwegen - durch die Urwälder Podlasiens nach Kruszyniany, einem historischen tatarisch geprägten Dorf mit einer alten grünen Holz-Moschee und einem tatarischen Friedhof in unmittelbarer Nähe zu Weißrussland. Genau an der Grenze, an der jetzt NATO-Verbände die Ostgrenze der EU absichern.

 

An der Moschee empfing uns ein freundlicher Mann mittleren Alters, der uns verschmitzt und herzlich willkommen hieß, durch die kleinen Räume führte, Mobiliar, Riten und Geschichte dieser örtlichen tatarischen Kultur erklärte. Anna unsere Reiseführerin übersetze uns die Geschichten und Zusammenhänge. Jenseits der allgegenwärtigen Islam-Phobie lernten wir neben grundlegenden muslimischen Zusammenhängen eine Kultur kennen, die bereits seit dem 17. Jahrhundert zu Polen gehört. Nach treuen Diensten tatarischer Flügel- und Lanzenreiter in der polnischen Armee unter König Jan Sobieski III. und ob leerer Staatskassen wurden die Tataren mit Land und Adelstiteln ausgestattet, unter anderen entstand so auch dieses Dorf Kruszyniany. Ablesbar an einem Friedhof, der durch tatarische Gräber bis heute diese Geschichte bezeugt. Es gibt in ganz Polen lediglich drei islamisch-tatarische Friedhöfe, in Warschau, Bohoniki und eben hier, gelegen hinter der Moschee auf einem sanften Hügel in lichtem Kiefern-Wald."

 

 

 


Tag 4:

Nach drei Tagen voller Entdeckungen, Freuden aller Sinne und faszinierender Gespräche hat unsere Reisegruppe die Stadt Białystok verlassen. Begleitet von schönen Erinnerungen an unsere Begegnungen und unvergesslichen Erlebnisse saßen wir Reisenden in einem Mini-Bus, der uns zur polnisch-litauischen Grenzen gebrachte, wo uns bereits litauische Fahrer erwarteten, um uns in die Kulturhauptstadt Europas 2022, nach Kaunas am Zusammenfluß von Memel und Neris. Die nach Magdeburger Recht gegründete Stadt, die sich just während unserer Ankunft auf das größte Event dieses Jahres vorbereitet, empfing uns mit sommerlichem Wetter und Lächeln an jeder Ecke der alten Hansestadt, von den Synagogen und Kathedralen im Westteil bis zu den gotischen Türmen des hanseatischen Perkunas-Hauses. Eine erste Station für die Gruppe war die einzige Moschee der Stadt. Am Freitag erwartete die Reisenden erneut Treffen mit interessanten engagierten Menschen. Doch nun erstmal Durchatmen, ein Getränk und die litauische hervorragende Küche genießen (unter anderem im Restaurant "TARTAR").

 

Morgen geht's weiter!


Tag 5:

 

Unser Mitreisender Wolf Guenter Thiel gibt erneut einen kleinen Vorgeschmack auf das kommende ReiseFotoTageBuch mit Eindrücken vom fünften Studienreisetag: "Kaunas ist eine von drei Kulturhauptstädten Europas und wie uns heute morgen zwei der Organisatorinnen erläutert haben, geht es bei diesem Projekt bei Weitem nicht lediglich um 2022 und auch nicht nur um Kaunas und ein kurzlebiges Feuerwerk an Kunst und Kultur, sondern auch darum die einstige zeitweilige historische Hauptstadt Litauens als eine zeitgenössische kulturelle Hauptstadt der Nachhaltigkeit, Innovation und des Designs zu etablieren. Zwei der Organisatorinnen Monika Inčerytė (Koordinatorin International Relations) und Donata Jutkienė (Kuratorin Designing Happines) erläuterten uns am Morgen in einem wunderschönen Gebäude im Stil des neuen Bauens - dem ehemaligen Zentralpostamt - dass sie mit den über 1200 geplanten kulturellen Veranstaltungen im Jahr 2022 im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres eine neue Identifikation stiften wollen, für die Jugend, für Vielfalt, für Rückkehrer*innen aus dem Ausland. Durch den Krieg wird ein großer Teil der Veranstaltungen der Ukraine gewidmet. Überhaupt spürt man die große stringente und allgegenwärtige Solidarität in dem ehemalig zur Sowjetunion gehörenden Litauen. Überall blaugelbe Fahnen und das obligatorische „Slava Ukraina“. Das Kulturjahr besteht aus einer Reihe von Festivals zu dem auch das Festival zum Thema „Glück“ das Magenta- Festival zum Thema Landschaft und Gestaltung, ein großes Designfestival und schließlich ein Festival für Kinder und Jugendliche nur die vier größeren sind.

 

Darüber hinaus wurde im Rahmen des Kulturhauptstadt Jahres ein Fabelwesen in die Stadtgeschichte hineingeschrieben: Das „beast“ oder Monster von Kaunas, bereits in einigen Fabeln von alters her vorhanden, wurde in einem Teilhabeprozess von der Bevölkerung mit neuen Semantiken gefüllt und soll von jetzt an Teil der Stadtidentität. Man hatte bei beiden Organisatorinnen das Gefühl, dass in den letzten Jahren sehr viele erfolgreiche Dinge erreicht worden sind, die man jetzt der kulturellen Öffentlichkeit Europas vorstellen wollte. Man hat zusätzlich ein Fluxus Festival zum mitmachen geplant das dem in Kaunas vor dem Zweiten Weltkrieg geborenen Begründer der internationale Fluxus-Bewegung George Macunas gewidmet war. Und dann gab es noch die vielen Zeugnisse des Neuen Bauens, die während der Zeit als Kaunas Hauptstadt des Landes Litauen war entstanden waren. Eine solche Anzahl von hervorragenden Beispielen des Neuen Bauens gab es erst wieder in den 30er und 40er Jahren in Tel Aviv und in den 20er und 30er Jahren in Bukarest. Das Ensemble in einer solchen Dichte und von einer solchen Qualität und das in einem historischen Stadtensemble vom hanseatischen Mittelalter bis zum Art Deco ist sicher einzigartig. Wir haben uns für das Designfestival Mitte Oktober angemeldet. Und auch zur UTOPIENALE im Oktober wird es Liveschalten und Beiträge von Kaunas nach Salzwedel geben.

 

 

Die Stadt wirkt dynamisch und jung in einer historischen Stadtkulisse, die seltsam südlich und die mit ihrem kulturellen Engagement sehr modern wirkt. Durch die Dichte der architektonisch interessanten Gebäude, die teilweise noch nicht renoviert oder tot saniert sind hat, entsteht der Eindruck einer neuen, jungen Generation, die auf den Wegen der Moderne eine menschenfreundliche, weltoffene und sehr einnehmende Stadt im Begriffe ist aus den Ruinen der Vergangenheit zu schaffen. Wir haben uns die gut erhaltene innen prachtvolle Choral-Synagoge angesehen. Natürlich gibt es noch viele Gebäude zu renovieren. Aber es lohnt sich, die historische Bausubstanz gibt es her und es zeigt die historisch gewachsene Vielfalt der Stadt. Ein großes Glück ist hierbei, das das Niveau der aktuellen Architektur und des Designs auf der Fläche ausgesprochen hoch zu sein und dass es keine postmodernen Bauexzesse gegeben zu haben scheint. Wir wären gerne noch geblieben und hätten diese sympathische kulturelle Dynamik länger erleben wollen doch es ging weiter nach Trakai, der ersten historischen Hauptstadt Litauens, jedoch sehr viel früher.

 

 

Trakai ist eine Kleinstadt inmitten einer Seenplatte. Sie ist mit ihren karaimisch geprägten farbig gestrichenen Holzhäusern mit den üblichen drei Fenstern zur Straße eine malerische Kulisse, wie man sie in den Schären in Schweden vermuten könnte. Wir sehen aus dem Fenster über diese malerische Ortskulisse, über einen See auf eine mittelalterliche Burganlage, die aus rotem Backstein weithin sichtbar über dem See thront. Hier könnten wir Urlaub machen, aber es scheint in der Hochsaison Massentourismus zu geben, der zwar ob der malerischen Kulisse verständlich ist, aber für uns und wahrscheinlich auch für die ansässigen karaimischen Einwohner*innen wenig erholsam scheint. Allein jetzt, wo es noch gänzlich leer war und wir mit wenigen andere die einzigen waren, war es sehr ruhig, noch mit wenig Verkehrs- dafür mehr Naturgeräuschen und angenehm frei. Es gab wieder die Spezialität der gebackenen Teigtaschen wie wir sie schon aus Bialystok von der großartigen tatarischen Köchin kannten, aber das Essen dieser Köchin blieb unübertroffen. Ein erster Besuch in der Burganlage führte uns zu einer Ausstellungseröffnung des karaimischen Künstlers Bari Egis der seine Hauptschaffensphase Anfang des 20. Jahrhunderts hatte. Die Ausstellung an sich und die einzelnen Artefakte und Porträts waren den Frauen aus dem Umfeld des Malers gewidmet und von ausgesprochen hoher Qualität."

 

 


Baltikum-Perspektiven: Kämpferisch-solidarisch, kreativ-optimistisch.

 

Diese Studienreise war die 10. Projektreise des ICATAT. Nach Aserbaidschan, der Türkei, Rumänien (Siebenbürgen+Dobrudscha), zweimaligem Tatarstan-Besuch und allein viermaligem Ukraine-Bereisen sind vor allem die letztgenannten auf Grund des russländischen Angriffskrieges gegen die Ukraine derzeit nicht mehr planbar. Unsere Herzen und Köpfe sind bei den diversen Projektpartner*innen in der Ukraine wo wir zusammen mit der .lkj) Sachsen-Anhalt e.V.– Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung und der Heinrich-Böll-Stiftung in Charkiw, Kiew, Lemberg, Odessa, Winnitsya, Tschernowitz, Jalta, Aqmescit, Cankoy, Aqyar, Melitopol und Saporischja, der Partnerstadt Magdeburgs, Jugendstudienreisen durchführten.

 

Sehr bewegend waren diesmal die vielen Gespräche über Krieg, Flucht und Exil sowie am krimtatarischen Tages der Trauer und des ukrainischen Gedenktages für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft der Besuch der Gräber unlängst in den belarussisch-polnischen Grenzwäldern erfrorenen, gestorbenen Geflüchteten auf dem islamischen Friedhof in Bohoniki.

 

Während unserer Baltikumreise konnten wir viel Solidarität erfahren mit der Ukraine und für Seminare, Workshops und kommende Studienreisen in einer befreiten Ukraine und einer künftigen zivilisierten demokratischen Russländischen Föderation neue Partner*innen gewinnen. Danke an die Bialystok-Expertin Anna Kraśnica Białystok subiektywnie (https://bialystoksubiektywnie.com), an Mufti Hadżi Szejk Hazret Tomasz Miśkiewicz und Dr. Barbara Pawlic-Miśkiewicz, Dr. Adam Turecki (University Bialystok), Anna Hanifa Mucharska, Lilla Świerblewska (HALVA Restauracja Tatarska), Dżemil Gembicki, Dzenneta Bogdanowicz, Eugenia Radkiewicz, Alina Jodłowska (Tatarynka, Supraśl), Monika Inčerytė und Donata Jutkienė vom OrgaTeam Kaunas 2022 Kaunas – European Capital of Culture 2022 / CulturEUkraine sowie Dr. Karina Firkaviciute (Trakai), Prof. Dr. Adas Jakubauskas und Ruslan Gabbasov.

 

Nicht zuletzt ein Dankeschön an unsere Mitreisenden Anke Leonhardt & Wolf Guenter Thiel (OLD SCHOOL Havelberg), Dr. Peter Gischke und Manfred Ritter, Maren Ernst, Kamil Safin, Christian Wohlt.“

 

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„Baltic perspectives: militant-solidary, creative-optimistic. This study trip was ICATAT’s 10th project-journey. After Azerbaijan, Turkey, Romania (Transylvania+Dobruja), two visits to Tatarstan and four trips to Ukraine alone, the latter in particular can currently no longer be planned due to the aggressive criminal war by Russian Federation against Ukraine. Our hearts and minds are with the various project partners in Ukraine where we conducted youth study trips together with the .lkj) – State Association for Cultural Education of Children and Youth and the Heinrich Böll Foundation in Kharkiv, Kiev, Lviv, Odessa, Vinnitsya, Chernivtsi, Yalta, Aqmescit, Cankoy, Aqyar and Zaporizhzhia, Magdeburg’s partner city. The many discussions about war, flight and exile were very moving this time, as on the Crimean Tatar Day of Mourning and the Ukrainian Day of Remembrance for the Victims of War and Tyranny was the visit to the graves of refugees recently frozen to death in the Belarusian-Polish border forests at the Islamic cemetery in Bohoniki.

 

 

During our Baltic education journey, we experienced a lot of solidarity with Ukraine and gained new partners for seminars, workshops and upcoming study tours in a liberated Ukraine and a future civilised democratic Russian Federation. Thanks to Bialystok expert and blogger Anna Kraśnica (https://bialystoksubiektywnie.com), to Mufti Hadżi Szejk Hazret Tomasz Miśkiewicz and Dr. Barbara Pawlic-Miśkiewicz, Dr. Adam Turecki (University Bialystok), Anna Hanifa Mucharska, Lilla Świerblewska (HALVA Bialystok), Dżemil Gembicki, Dżenneta Bogdanowicz (Tatarska Jurta), Eugenia Radkiewicz, Alina Jodłowska (Tatarynka, Supraśl), Monika Inčerytė and Donata Jutkienė from the organisational team Kaunas – European Capital of Culture 2022 / CulturEUkraine and Dr. Karina Firkaviciute (Trakai), Prof. Dr. Adas Jakubauskas and Ruslan Gabbasov from Bashkorstostan. Last but not least, thanks to our fellow travellers Anke Leonhardt & Wolf Guenter Thiel (OLD SCHOOL Havelberg), Dr. Peter Gischke and Manfred Ritter, Maren Ernst, Kamil Safin, Christian Wohlt.“

 

 


Für die Jury digital durch Magdeburg (Volksstimme)

Ammar_Awaniy_2025
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Film-Premiere "Jenseits des Tatarenturms"

 

Besondere Zeiten verlangen auch besondere Kulturformate: Um trotz der Corona-Pandemie Kunst und Kultur zu den Menschen zu bringen, ersannen die Macher*innen des Kulturzentrums Moritzhof in Magdeburg spontan eine Online-Fernseh-Serie: „Hof on Air“ wurde gestartet und lädt Kulturschaffende aller Branchen ein vor die Kamera zu treten. Am 13. April zeigt die .lkj) Sachsen-Anhalt in Kooperation mit dem Offenen Kanal Magdeburg sowie dem Institut für Caucasica-, Tatarica- und Turkestan-Studien (ICATAT) unter anderem die Filmpremiere „Jenseits des Tatarenturms“.

 

Präsentiert werden dabei Ergebnisse dreier Projekte: Das Buch „Der Pascha von Magdeburg“, die Bürger-Mitmach-Plattform www.pascha-magdeburg.de  sowie als jüngstes Werk der Film „Jenseits des Tatarenturms“. Dessen Untertitel „Mit dem Pascha von Magdeburg unterwegs in Tatarstan“ verrät auch worum es geht. Inspiriert vom Buch „Der Pascha von Magdeburg“ machten sich fünfzehn Jugendliche und Fachkräfte aus Deutschland auf in die Republik Tatarstan in der Russländischen Föderation.

 

Gemeinsam wurden tatarische Künstler*innen und Jugendliche, Dichter*innen und Akademiker*innen besucht, die im Buch aus Magdeburg eine Rolle spielen. Es wurden Pascha-Bücher überreicht zum Beispiel an die Direktorin des islamischen Filmfestivals und an die Tochter des Schriftstellers Näbi Däüli, der nahe Magdeburg während des Zweiten Weltkrieges KZ-Haft und Zwangsarbeit überlebte. Zusammen mit fünfzehn tatarischen Jugendlichen und Künstler*innen wurde gereist, debattiert, gefilmt, musiziert, gelayoutet, gestritten, gelacht, entworfen und fotografiert. Ein besonderes Augenmerk des Films liegt auf der tatarischen Jugendkultur zwischen Tradition, Rockmusik und kultureller Bildung.

 

 

Viktoria Lukina aus Estland und Alexandro Huber aus Österreich, zu dem Zeitpunkt beide Freiwillige im Offenen Kanal Magdeburg, begleiteten die dreißig Menschen zwischen dem Ausgangspunkt der Reise, dem Tatarenturm in Magdeburg und dem Teufelsturm von Alabuga ganz im Osten Tatarstans. Die intensive wochenlange Begleitung des Projekts, Schnitt, Untertitelung und Übersetzungsarbeiten konnten durch die großzügige Unterstützung des Offenen Kanals gewährleistet werden.

 

 

Die Zuschauer*innen von „Hof on Air“ haben am Ostermontag ein unterhaltsames Programm erlebt: Lars Johansen hat die beiden Pascha-Buch-Autoren Ammar Awaniy und Dr. Mieste Hotopp-Riecke interviewt, gefolgt von der Filmpremiere und abschließend haben der krimtatarische Saxophonist Enver İbrahimoğlı und der kurdische Saz-Spieler Moustafa Moustafa ein kurzes Live-Konzert im „Kino unterm Dach“ des Moritzhofes gegeben .

 

Die Sendung wird regulär ebenfalls vom Offenen Kanal Magdeburg ausgestrahlt.

 

 

 Ferkel Lotofwine ist ein irrlichternder polyglotter Projekte-Fan mit eigenem Web-Auftritt. Seit Jahren begleitet er Magdeburger Projekte auf allen Kontinenten von den Rocky Mountains bis nach Tokio. Danke Kollege F.L.! Diverse Reisen, Projektbesuche bei der .lkj) und dem ICATAT sowie Kreativ-Ideen können auf seiner Facebook-Seite entdeckt werden. https://www.facebook.com/ferkel.lotofwine

Hier können Sie den Film anschauen:

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Unterwegs in Tatarstan


Das Epitaph des Johann von Lossow

In der Marienkapelle der Kommende Bergen besuchten Ammar Awaniy und Dr. Mieste Hotopp-Riecke das Epitaph des Johann von Lossow. Was es mit diesem Epitaph, dem Ritter von Lossow und den Türkenkriegen auf sich hat, lest Ihr in unserem Buch im Kapitel von Gunter Hirschligau "Von der Börde in die Türkenkriege" sowie in seinem Roman "Der Schatz der Magdalenerin". Die Kommende Bergen wurden 1093 das erste Mal urkundlich erwähnt. Heute besitzen die Eheleute Walter und Elisabeth Kremer den Gebäude- und Landwirtschaftskomplex, zwei Landwirte aus Dreileben. 

 

 

  • (Die Illustration rechts stammt von Gunther Czyrnik aus Eilsleben, mit freundlicher Genehmigung des Dr. Ziethen-Verlag, Oschersleben, 2009).

 

 

Zum Weiterlesen: 

 

  • Auch die Kapitel „Die Lanzenreiter der Mark und ihr Tatarengeneral von Günther“ und „Orientalische Inspirationen im Dom zu Magdeburg“ im Buch "Der Pascha von Magdeburg" gehen auf Johann von Lossow ein.

Der Magdeburg-Pascha auf der Langen Nacht der Wissenschaft!

Einer von über 300 Programmpunkten der Langen Nacht der Wissenschaft am 25. Mai war unser Projekt »Der Pascha von Magdeburg. Der Orient in Mitteldeutschland«.  Das Ergebnis dieses Projekts ist ein Buch mit 45 mehrsprachigen Kapiteln und  tollen Illustrationen von spannenden Geschichten über den Orient in Magdeburg und Sachsen-Anhalt! Unser Projekt-Blog ist die Kurzform, das parallel dazu entstandene Buch die Langform der Interkulturgeschichten. Für die, die sich für Geschichte, Jugendkultur und Literatur interessieren, war dieser Programmpunkt wärmstens zu empfehlen, um die Wissenschaftsnacht richtig genießen zu können. Wir, Ammar Awaniy, Mieste Hotopp-Riecke und  Dzhemile Umerova hatten tolle Gespräche, interessierte Gäste, kurze mehrsprachige Lesungen! Danke an unsere Gastgeber*innen, die Kolleg*innen der Otto-von-Guericke-Universitäts-Bibliothek!!


Der Pascha in Genthin


StadtSafari

Unsere StadtSafari »Auf den Spuren des Paschas von Magdeburg« fand Mitte Mai im  Rahmen des  25sten .lkj)-Geburtstages statt. Dzhemile Umerova und Dr. Mieste Hotopp- Riecke, der Co-Autor und Herausgeber des Buches »Der Pascha von Magdeburg. Der Orient in Mitteldeutschland«  führten durch die schillernde Interkulturgeschichte unserer Stadt und erzählten  interessierten Jugendlichen und Bürger*innen die  faszinierenden Fakten von der Moschee »Ar-Rahman« über die Sandstein-Osmanen im Magdeburger Dom  bis zum Tatarenturm.